Newsletter 02/2023 vom Verband der Deutschen Lederindustrie e.V.
Geschichte und Leder
In Schöningen, einer Ausgrabungsstätte in Niedersachsen, konnte man im Laufe der Jahre verschiedene Funde aus dem Jungpaläolithikum (Altsteinzeit) sichern: Speere, Pfeile, Stöcke. Zurzeit konzentrieren sich die Forscher auf Überreste von Bären: Sie sind über 320.000 Jahren alt, und Gravurspuren machen sie besonders interessant.
Sie beweisen, dass die Urmenschen in Nordeuropa Bären auch deshalb gejagt und gehäutet haben, um sich vor Kälte schützen zu können. Leder gehört seit langer Zeit zur Menschheitsgeschichte.
Sieht man sich die Methoden der Lederverarbeitung von den traditionellen bis hin zu den heute verwendeten modernen Verarbeitungsmethoden an, versteht man die Aufregung bei einer Entdeckung in Spanien: ein Hüftknochen eines großen Säugetiers (Pferd oder Bison), der zum Stanzen von Häuten verwendet wurde. Er ist 39.600 Jahre alt und erklärt, wie man damals Lederbekleidung nähte.
Leder ist ein besonderes und vielseitiges Material, auf das keine bekannte Zivilisation verzichten wollte. Leder ist ein biologisches Material, das sich in der Natur natürlich zersetzt. So sind bestimmte Artefakte nur durch Zufall bis in die heutige Zeit erhalten geblieben. Darunter auch bedeutende oder künstlerische Gegenstände. So zum Beispiel die Corami di Corte in Mantova, eine prunkvolle Ledertapete.
Aber ebenso viele Alltagsgegenstände sind verloren gegangen. In einem trockenen oder sauerstoffarmen Umfeld können sich manchmal natürliche Gegenstände halten. Dies öffnet dann unglaubliche Fenster in vergangene Epochen. Wie z. B. ein 3.500 Jahre alter ägyptischer Schuh, eine Wikingersandale aus dem vierten Jahrhundert n. Chr. oder ein 2.000 Jahre altes britisches Spielzeug.
Im Laufe der Jahrhunderte hat die Lederherstellung zudem ganze Landstriche geprägt. Jede Stadt hatte ihr eigenes „Lederzentrum“, ihr eigenes Muster, typisch für die Stadt und deren Gemeinschaftswesen. UNIC, der italienische Gerberverband, hat die Restaurierung eines solchen typischen Viertels übernommen - eine Gerberei in Pompeji. Ein Ort, so einzigartig wie seine archäologischen Ausgrabungen.
Solche Verbindungen zwischen Städten und der Herstellung von Leder gab und gibt es überall auf der Welt und zu allen Zeiten. Im 18. Jahrhundert entstand Belfast in der Nähe von Lederwerkstätten. In Guadalcanal (Spanien) wurde ein Freilichtmuseum errichtet, in dem man mittelalterliche Gerbereien besichtigen kann. In Mailand, einer Stadt mit vielen Wasserwegen und viel Lederverarbeitung, unterstützt UNIC die Ausgrabungen der klassischen und spätantiken Zeit.
Leder und der Mensch sind so sehr verbunden, dass es manchmal auch kuriose Zufälle gibt: So hat Hermès gerade ein neues Atelier in Frankreich eröffnet, ein Ort, an dem schon vor 13.000 Jahren Jäger und Sammler Tierhäute bearbeiteten. Aber Leder ist nicht nur Vergangenheit und Geschichte: Leder ist auch Zukunft. Die nächsten Kapitel werden gerade geschrieben.
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